Besser lernen in Hancheng (China)

Neues Gebäude für alternative Bildungswege

Eine unbeschwerte Kindheit gilt für viele ehrgeizige chinesische Eltern als reine Zeitverschwendung. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt stehen Kinder schon von klein an unter enormem Leistungsdruck in einer Gesellschaft, in der Erfolg und wirtschaftliches Wachstum im Vordergrund stehen. Trotzdem gibt es immer mehr Eltern, die sich nach alternativen Bildungsmodellen umsehen. Aus diesem Grund entstehen mittlerweile neue Waldorfschulen, die trotz kritischem Regime einen anderen Bildungsweg anbieten. Eine dieser Schulen ist die Riverine Waldorfschule in Hancheng. Sie ist die einzige ländliche Waldorfschule und hat insofern Pioniercharakter. Im Rahmen des Schulaufbaus mussten von 2012 bis 2014 auch etliche Renovierungsarbeiten geleistet werden. Eltern und Lehrer konnten dies tatkräftig umsetzen.

Die Riverine School arbeitete bisher in einem alten und heruntergekommenen Staatsschulgebäude. Der Fußboden aus Beton war stark abgenutzt, die Wände benötigten einen neuen Anstrich, Schimmel musste beseitigt werden. Die Klassenräume für den wissenschaftlichen und künstlerischen Unterricht waren so gut wie gar nicht ausgestattet. Aus diesem Grund plante die Schule, das Gebäude und die Klassenräume zu renovieren und die Unterrichtsräume angemessen auszustatten. Perspektivisch sollten auch für den Kindergarten, der sich noch in der Stadt befindet, auf dem Land Räume geschaffen werden.

Aus eigenen Mitteln war die Schule dazu nicht in der Lage. In China ist es rechtlich nicht möglich, Eigentum an Grund und Boden zu erwerben. Alleiniger Eigentümer ist der Staat. Nur der Erwerb von Nutzungsrechten ist möglich. Die Schule hat einen üblichen Nutzungsvertrag über 15 Jahre für das Schulgebäude und das Schulgelände. Die Verantwortlichen der Schule pflegen gute Beziehungen zu Mitarbeitern der Behörden und gehen davon aus, dass nach Ablauf der 15 Jahre dieser Vertrag verlängert werden wird.

Mithilfe der Freunde der Erziehungskunst wurde im ersten Schritt zu Beginn 2013 die Küche komplett renoviert und neu ausgestattet. In den Sommermonaten 2013 folgte die Renovierung des Hauptgebäudes mit Klassenräumen und Konferenzraum sowie das Nebengebäude mit Verwaltung, Bibliothek und Vorratslager. Die Wände erhielten einen frischen Anstrich, ein neuer Fußboden wurde verlegt und die Fenster erneuert. Die Klassenräume bekamen neue Regale, Schränke und Stühle und das Schulgelände wurde von Schutt befreit und begrünt. Bisher konnten jedoch noch nicht alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden. So wurden z.B. die Fachräume für Kunst- und Naturwissenschaften noch nicht renoviert und auch die Ausstattung beinhaltet zunächst nur das Notwendigste.

PROJEKTDETAILS

Die Mentorin der Riverine Schule berichtet nach ihrem Besuch im September 2013

„Die Schule erstrahlt frisch im neuen Anstrich, mit ‚richtigen‘ Fußböden, neuen Fensterscheiben und überarbeiteten Türen, sauberen Gardinen und nett gestalteten Jahreszeitentischen. Auf den Gängen vor den Klassenräumen wurden drei Wasserhähne installiert. Neue Schränke bzw. Regale und 30 bequeme, ansehnliche Stühle für den Konferenzraum wurden angeschafft. Im ‚Nebengebäude‘ mit dem äußerst gelungenen farblich gestalteten Anstrich richteten die Lehrer nun mehrere Räume für Verwaltungsaufgaben, Bibliothek und Lehrmittellagerung ein. Diese schön gestaltete Umgebung wirkt sich sehr positiv auf die gesamte Lernatmosphäre aus. Die Klassenräume werden nur mit Hausschuhen betreten und dem Wischmopp kommt eine besondere Bedeutung zu. Täglich reinigen Lehrer und Schüler gemeinsam die Schule. Jeder ist offensichtlich bemüht, alles ordentlich und sauber zu halten. Welche Mühe geben sich nun die Lehrer mit den Jahreszeitentischen! Die Kinder waschen sich nach den Pausen recht gründlich die Hände und versuchen, ihre Hefte gut zu führen. Sie streben danach, ebenso schön gestaltete Hefte wie die bewunderten aus Deutschland zu erstellen. Ein deutliches Beispiel, wie das Umfeld uns prägt! Das Kollegium erscheint mir entspannt und mit Freude zu arbeiten. Obwohl sie einen großen Teil ihrer Sommerferien in die Renovierung der Schule steckten, fehlte während meines dreiwöchigen Aufenthalts dort niemand auch nur einen einzigen Tag oder eine Stunde. Ihr Schulalltag beginnt um 7.30 Uhr mit der Vorbereitung des Klassenzimmers und endet nach gemeinsamer Reinigung um etwa 17 Uhr. Unterrichtsfreie Stunden werden zur Vorbereitung genutzt.“

Die Anfänge der Riverine School

Eine Gruppe junger, beherzter Pädagogen gründete 2005 die Riverine School als Montessori- Kindergarten mit anfangs 37 Kindern in Hancheng. Die Nachfrage war sehr groß, schon im Jahr darauf war die Anzahl der Kinder auf 120 angewachsen. 2007 wurde die erste Klasse eröffnet. Die Lehrer erlebten die Grenzen des zunächst begonnenen pädagogischen Systems. Sie machten sich auf die Suche nach anderen pädagogischen Möglichkeiten und entdeckten die Waldorfpädagogik. 2008 begannen drei Lehrer die dreijährige Waldorflehrerausbildung in Chengdu. Seither werden Workshops und Weiterbildungen für weitere Pädagogen angeboten. Im September 2009 startete die erste Waldorfklasse mit 20 Kindern, 2010 eine weitere mit 10 Kindern und 2011 folgte eine Klasse mit 9 Kindern. Da die Räume nicht mehr ausreichten, wurde eine leer stehende Schule auf dem Land angemietet. 2012 gab die Riverine School die Montessori-Methode vollständig auf und wandelte die Schule in eine reine Waldorfschule mit 5 Klassen und 55 Kindern um. Der Kindergarten arbeitet ebenfalls überwiegend mit der Waldorfpädagogik. Anfang 2013 begannen die Renovierungsarbeiten am Schulgebäude.