Durchleuchtung von Lebensmitteln

Auswirkung schwacher Röntgenstrahlung auf die Qualität ökologischer Lebensmittel

Steine, Kirschkerne oder Kunststoffteilchen sind in Lebensmitteln unerwünscht. Daher werden in der Lebensmittelherstellung zunehmend Röntgenstrahlen zur Prüfung der End­produkte auf Fremdkörper eingesetzt. Der Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise untersucht, ob die Bestrahlung zu einer Veränderung oder gar Qualitätsbeeinträchtigung der Produkte führt und inwieweit Biolebensmittel durch diese Technologie in ihrer Qualität für den Menschen beeinträchtigt werden. Mit dem Projekt möchte der Forschungsring e.V. einen Impuls geben, das Thema Röntgendetektion in der Biobranche intensiver zu diskutieren.

Die praxisübliche Strahlendosis je Produkt ist in etwa vergleichbar mit 10 bis 100 Zahnröntgen­aufnahmen (0,1 bis 1 Milligray). Gesetzlich zulässig für die Produktprüfung ist eine Dosis bis zu 500 Milligray. Wären Menschen dieser Dosis ausgesetzt, würden bei ihnen bereits Strahlen­schäden auftreten. Offiziell sind Lebensmittel als Stoffe definiert, was die relativ hohen zulässigen Strahlendosen in der Fremdkörper­detektion erklärt. Auch bei der Herstellung von ökologischen und Demeter-Produkten kommen Röntgenstrahlen zum Einsatz, die Bestrahlung zu Mess- und Prüfungszwecken ist dort ebenso zulässig. Verboten ist lediglich das Röntgen zu Konservierungszwecken, weil dabei mit deutlich höheren Strahlendosen gearbeitet wird. Da im ökologischen Landbau und bei Konsumenten die Vorstellung weit verbreitet ist, dass Lebensmittel Leben tragen oder lebendig sind, wurden bei den Untersuchungen zur Wirkung der Strahlen daher bewusst auch Methoden aus dem Lebendigen herangezogen.

Da der Forschungsring e.V. mit diesem Projekt wissenschaftliches Neuland betritt, wurde eine große Bandbreite verschiedener Tests zur Auswirkung der Röntgenstrahlen auf Lebensmittel eingesetzt. Das Spektrum an Untersuchungen reichte dabei von der Prüfung von Jungpflanzen mit Keimtests über Methoden aus der Ökotoxi­kologie­forschung mit Algen und Wasserlinsen bis hin zu Zelltests. Mit einem offiziellen chemisch-analytischen Nachweis­verfahren für Lebensmittel­bestrahlung wurden Produkte mit mehreren nicht lebendigen Systemen auf Veränderungen untersucht. Durch die vielfältigen Methoden sollte die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, mögliche Wirkungen der Röntgenstrahlen feststellen zu können. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Messung der mittelbaren Wirkungen auf den Menschen dar. Dieser Frage näherte man sich mit einer noch in Entwicklung befindlichen Methode, einem psycholo­gischen Test für Lebensmittelwirkungen, der aus einem Projekt hervorgegangen ist, das ebenfalls von der MAHLE-STIFTUNG gefördert wurde.

Die meisten der eingesetzten Methoden konnten Effekte auf die Lebensmittel durch eine Behandlung mit schwachen Röntgenstrahlen nachweisen. So führte die Bestrahlung von Pflanzensamen unter anderem zu Gewichts­veränderungen bei Jungpflanzen. Mit einer Methode, die zurückgestrahltes Licht von Proben misst (der Fluoreszenz-Anregungs-Spektroskopie), konnten Unterschiede zwischen behandelten und unbehandelten Pflanzensamen von Weizen, Radieschen, Salat und Bohnen entdeckt werden. Auch wenn die bisherigen Ergebnisse Auswirkungen von gesetzlich zulässigen und praxisüblichen Strahlendosen auf Pflanzen und Lebensmittel belegen, sind sichere Aussagen über die Wirkung auf die Produktqualität noch nicht möglich. Einige Ergebnisse müssen durch Wiederholungen abgesichert werden. Dennoch ist das Interesse von Bio-Herstellern und Bio-Händlern an den Ergebnissen bereits groß. Zwei Veranstaltungen für Experten wurden bisher durchgeführt.  

PROJEKTDETAILS

Forschungsring e.V.

Der Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise in Darmstadt ist ein gemein­nütziges Institut, das für den Ökologischen und Biologisch-Dynamischen Landbau forscht. Der Forschungsring gehört zu den Pionierorganisationen des Ökologischen Landbaus in Deutschland. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Demeter e. V. Forschungs­schwer­punkte sind Bodenfruchtbarkeit, Lebensmittelqualität und spezifische Fragen des biologisch-dynamischen Landbaus. 

Wer ist an dem Projekt noch beteiligt?

Für die Bearbeitung der komplexen Fragestellung war der Forschungsring auf Partner angewiesen. Sechs Einrichtungen unterstützten den Forschungsring e.V. mit ihrem Fachwissen und ihren Methoden. Beteiligt waren das Crystal Lab aus den Niederlanden, das Forschungsinstitut KWALIS aus Dipperz, Forschung und Züchtung der Landbauschule Dottenfelderhof, die Instanz für Komplementärmedizin der Universität Bern, das Institute of Biochemical Plant Pathology des Helmholtz Zentrums München, die Instanz für Komple­mentär­medizin der Universität Bern und das Institut für Strömungswissenschaften aus Herrischried im Schwarzwald. Die Proben konnten an der Technischen Universität Darmstadt behandelt werden.

Wofür werden die Gelder der MAHLE-STIFTUNG konkret eingesetzt?

Die MAHLE-STIFTUNG hat sich maßgeblich an der Finanzierung beteiligt. Ein großer Teil der Untersuchungen und der Projektorganisation wurden durch ihre Mittel ermöglicht.

Förderzeitraum und Anschlussprojekt

Seit Projektstart im Herbst 2013 fördert die MAHLE-STIFTUNG das Vorhaben. Von neun der zehn geplanten Methoden liegen bereits die Ergebnisse vor. In der ersten Jahreshälfte des Jahres 2015 wird das Vorhaben abgeschlossen.

In einem für 2015 geplanten Anschlussprojekt sollen noch offene Fragen bearbeitet werden. Neben Vertiefungsuntersuchungen sind Befragungen von Herstellern und Konsumenten vor­gesehen. Auch die Effizienz der Röntgendetektion soll geprüft werden. Die Ergeb­nisse werden mit Fachleuten aus der Biobranche diskutiert und anschließend veröffentlicht. Auf diese Weise soll eine bessere Urteilsgrundlage für Entscheidungen von Herstellern, Händlern und Konsumenten geschaffen werden.