Medizinische Versorgung der Santal-Kinder und -Mütter in Westbengalen

Aufbau einer präventiven Kinderklinik und ländlicher Gesundheitsversorgung in Indien

In den Dörfern rund um die Universitätsstadt Santiniketan leben die Santals, die zu den Ureinwohnern Indiens zählen. Sie leben von Reisanbau und ergänzen ihre Nahrung durch Jagen oder Fischen. Die Ernte, die der Monsunregen erlaubt, muss die Familien über das Jahr ernähren. Dies führt zu Mangelernährung, die vor allem bei Kindern und Schwangeren schwere Folgen haben kann. Die Kinder können erblinden, haben Konzentrationsschwierigkeiten und ein geschwächtes Immunsystem. Sie erkranken leicht an Durchfällen, Atemwegsinfekten und auch Tuberkulose. Die schlechte Hygienesituation in den Dörfern verstärkt diese Entwicklung weiter. Seit 2010 unterstützt die MAHLE- STIFTUNG den Verein Shining Eyes bei der Verbesserung der Ernährungs- und Hygienesituation.

Gegen Hunger und Tuberkulose

Das seit 1994 von Dr. med. Monika Golembiewski betreute Projekt, die medizinische Versorgung der Santal-Kinder und -Mütter im ländlichen Westbengalen zu verbessern, wird seit 2010 von der MAHLE-STIFTUNG unterstützt. Seit der Eröffnung der Kinderklinik in Bolpur im Jahr 2011 können dort schwer kranke und mangelernährte Kinder versorgt werden und Schwangere werden zur Vorsorge aufgenommen. Das durch Mittel der MAHLE- STIFTUNG finanzierte Röntgengerät erleichtert nun die frühzeitige Diagnose von Tuberkulose. Durch präventive Therapien kann der Ausbruch der Krankheit verhindert werden. Darüber hinaus werden im Krankenhaus dörfliche Gesundheitshelfer ausgebildet, die mangelernährte Kinder und Tuberkulose-Erkrankte erkennen und ins Krankenhaus weiterleiten.

Ein fester Bestandteil des Projekts sind die Ernährungsprogramme. Dort lernen Kinder und Mütter, wie eine gesunde Mahlzeit zubereitet wird. Gemeinsam mit den Dorfbewohnern werden Küchengärten angelegt, in denen Obst und Gemüse angebaut wird. Die Gesundheit und Gewichtsentwicklung der Kinder wird regelmäßig kontrolliert und wenn nötig werden Vitamine und Mineralstoffe zugegeben.

Ein weiterer Aspekt, um die gesunde Entwicklung von Kindern nachhaltig zu gewährleisten, ist die Verbesserung der hygienischen Zustände in den Dörfern. Oft fehlt sauberes Wasser zum Baden, Wäsche und Geschirr waschen. Im Dorfteich, der auch als Toilette genutzt wird, werden zahlreiche Krankheiten übertragen. Um dem entgegenzuwirken werden Brunnen errichtet und Waschhäuser mit Toiletten gebaut.

Die anthroposophischen Heilmittel werden mittlerweile in den Dörfern sehr gut angenommen, da die Menschen in einer starken Verbindung mit den sie umgebenden Pflanzen, Tieren und kosmischen Bedingungen leben. Die Verarbeitung ihrer Heilpflanzen entspricht einer alten Tradition und knüpft direkt an ihr intuitives Wissen an.

PROJEKTDETAILS

Wie entstand das Projekt?

Seit 1994 versorgt die Kinderärztin Dr. Monika Golembiewski die Kinder und Mütter aus den Santal-Dörfern um Bolpur in Indien. Eingeladen vom deutschen Schriftsteller Martin Kämpchen, packte sie damals ihren Koffer mit Medikamenten und lebte mit den Menschen in Lehmhütten. So lernte sie ihre Probleme und die Ursachen ihrer Erkrankungen schnell kennen. Seither reist Monika Golembiewski Jahr für Jahr nach Indien und baut dabei eine präventive medizinische Versorgung für die Kinder auf.

In den ersten Jahren versorgte sie die Menschen direkt in den Dörfern und lernte, gemeinsam mit einem Jesuiten-Priester, die Mütter in der Heilpflanzenverarbeitung an. Bald konnten mit den ersten Hygienetrainings begonnen werden sowie mit Gesprächen über Family Planning und mit Aufklärung über gesunde Ernährung.

2007 waren Sohn Nico und Schwiegertochter Silvia Golembiewski erstmals in Indien. Sie starteten unter Anleitung von Monika Golembiewski Ernährungsprogramme für Kinder und Schwangere im Dorf. 2009 wurde der Verein Shining Eyes in Deutschland gegründet, um diese präventive Arbeit auf die umliegenden Dörfer ausdehnen zu können.

Besonderes Augenmerk lag nun auf der Planung einer Kinderklinik, da schwer kranke Kinder immer wieder unversorgt blieben. Gemeinsam mit der Nonne und Ärztin Schwester Pheelima und prüfnend begleitet vom Kindermissionswerk wurde alles minutiös geplant, bis man mit dem Bau beginnen konnte. 2011 wurde die Kinderklinik eingeweiht.

Wofür werden die Gelder der MAHLE-STIFTUNG konkret eingesetzt?

Mit Hilfe der MAHLE-STIFTUNG konnte die Kinderklinik weiter aufgebaut werden: Im ersten Stock wurden Patienten- und Seminarräume sowie ein Entbindungsraum eingerichtet. Im neuen Röntgenraum können Tuberkuloseverdächtige sofort untersucht und lebensrettende Therapien schnellstmöglich eingeleitet werden. Die Anschubfinanzierung für einen weiteren Arzt wurde ebenfalls von der Stiftung übernommen.

Was ist für die Zukunft geplant?

Für die Zukunft steht die Stabilisierung der Abläufe in der Kinderklinik an. Aufgrund des Fachkräftemangels in Indien ist es schwer, an ausgebildete Krankenschwestern zu kommen. Daher werden Volontäre aus Deutschland und Österreich eingesetzt, für die Personal- und Verwaltungsräume eingerichtet werden sollen.

Zudem werden die Ernährungsprogramme nun auf 17 weitere Dörfer ausgeweitet. Im Zuge einer Doktorarbeit von Silvia Golembiewski und Caroline Stiller in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim soll auch deren gesundheitlicher Effekt geprüft werden. Insbesondere soll gezeigt werden, ob der Mikronährstoffbedarf der Kinder mit den lokal verfügbaren Mitteln (Blätter der Moringa- und Amaranthus-Pflanze) ausreichend abgedeckt wird und die schweren Anämien reduziert werden können.